Rückblick 2023

Durch die Linse des Weltformat Festivals

Das vergangene Festival war erneut reich an Ereignissen, für die wir dankbar sind. Wir möchten die Beiträge aller Designer:innen, Referent:innen und Helfer:innen würdigen, die das Weltformat 2023 zu einem unvergesslichen Ereignis gemacht haben. Das Festival hat uns erneut mit inspirierenden Ideen, faszinierenden Vorträgen und kreativen Werken begeistert. Taucht mit uns ein in die unvergesslichen Momente des Festivals – hier sind einige fesselnde Impressionen und Höhepunkte!

In der 15. Ausgabe des Weltformat Grafikdesign Festivals stand das Thema «Life's a Pitch» im Fokus, welches wir in all seinen Facetten beleuchteten und reflektierend analysierten. Es bot eine Plattform, welche die Ambivalenz der Teilnahme an Pitches in der Grafikdesign-Szene verdeutlichte. Nahezu alle Grafikdesigner:innen setzen sich im Verlauf ihrer Karriere zu einem bestimmten Zeitpunkt mit dieser Thematik auseinander. Besonders für Studierende bieten Pitches die Möglichkeit, ihr Talent zu zeigen und spannende Projekte zu ergattern. Bei der diesjährigen Ausgabe des Weltformat Festivals haben wir uns dieser weit verbreiteten Thematik gewidmet. Wir untersuchten die diversen Motive Pitches zu organisieren aber auch daran teilzunehmen. Zusätzlich stellten wir im Gegenzug erfolgreiche Beispiele von gut organisierten Pitches vor, bei denen der Wert der grafischen Arbeit von Anfang an anerkannt wird.

Das Symposium zu Beginn, der Newcomer Award und die breite Palette an Ausstellungen setzten einen Fokus auf die aktuellen Entwicklungen im Pitch-Bereich des Grafikdesigns. Sie präsentierten Wege, wie faire Pitch-Situationen geschaffen und die Zusammenarbeit gestärkt werden können, um gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Diese Plattformen boten eine hervorragende Gelegenheit für den Austausch zwischen Grafikern und einem breiten Publikum. Natürlich bildeten auch die traditionellen Ausstellungen wie die 100 besten Plakate und die Schönsten Bücher aus aller Welt ein Highlight, das mit großer Begeisterung aufgenommen wurde.

Eröffnungsevent

Das Eröffnungsevent im Neubad Pool nach dem Eröffnungstag liess den Abend nochmals richtig ausklingen. Während des Festivalessens bot sich allen Besuchenden die Gelegenheit zur Interaktion, zum Knüpfen neuer Kontakte sowie zum Wiedersehen nach einer langen Zeit. Das vielseitige Rahmenprogramm bot eine Fülle an Unterhaltungsmöglichkeiten, darunter die Typotombola, bei der Gäste Fragen beantworteten, um sich die Möglichkeit auf Preise wie zum Beispiel das aktuelle Festivalmerchandise zu sichern. Zudem gab es eine kleine Ausstellung aller Weltformat-Plakate als Jubiläumsspecial. Das Team von Studio Kollygujer förderte mit seinem selbst entwickelten Tool-Projekt namens «Me, We, Us» die Zusammenarbeit der Gestalter:innen. Am Ende des Abends resultierte daraus eine Ausstellung mit 8 Plakaten.

Festivalplakat

Passend zum diesjährigen Thema luden wir die sieben angesehenen Gestalter:innen Anna Haas (Fribourg),Herendi Artemisio (Zürich), Johnson/Kingston (Bern/Luzern), Jiri Oplatek (Claudiabasel, Basel), Tania Prill (Zürich) und Niklaus Troxler (Willisau) ein, unser offizielles Festivalplakat zu gestalten und gemeinsam als Jury das Gewinnerplakat auszuwählen. Doch während der Jurierung überraschte ihre Protestaktion nachhaltig. Die Gestalter:innen nutzten die Bühne der Plakatpräsentation des Wettbewerbs als Plattform, um gegen ausbeuterische Pitchkultur Einspruch zu erheben. Gemeinsam betraten die Gestalter:innen die Bühne und enthüllten das Plakat, an dem sie in Zusammenarbeit gearbeitet hatten. Durch ihren gestalterisch geprägten Protest setzten sie sich aktiv für Zusammenarbeit, Solidarität und einen dialogorientierten Ansatz ein, um Vermittlung zwischen den Anwesenden und innerhalb der Szene zu fördern. Ihre Proklamation: «We were asked to design a poster for the Weltformat Festival and pitch against each other. We said no and we said yes. And thats why: We said no, because we dont want to partivipate in unpaid pitches and compete against each other. We said yes, because we want to open up a discussion about how we an work together, rather than against each other. And because thinking and working together is great fun. Pitch is a bitch». Unser aufrichtiger Dank gilt ihrem Mut und ihrem gemeinsamen Einsatz für unsere Szene.

Symposium

Ein weiterer Höhepunkt dieser Festivalausgabe war das alljährliche Symposium, das auch in diesem Jahr im Stattkino stattfand. Nationale und internationale Designer:innen griffen am diesjährigen Symposium das Thema Life’s a Pitch auf und erzählten von ihren Erfahrungen mit Wettbewerbspräsentationen. Es war ein grossartiges Vergnügen, unseren renommierten Gästen zuzuhören, was sie über ihre Erlebnisse und Erfahrungen zum Thema Pitch erzählen. Leonie Felber (Bern) und Josh Schaub (Zürich) haben die zwei Blöcke hervorragend kuratiert, organisiert und moderiert. Unsere Referent:innen: 2xGoldstein (Karlsruhe) erzählten aus ihren ­Erfahrungen als Jury-Mitglied bei der Kieler Woche. Martyna Wędzicka-Obuchowicz (Gdansk) sprach über die Pitchsituation in Polen und von der Arbeit in Gemeinschaftsprojekten. Manuela Pfrunder (Flums) berichtete über den Prozess der Neugestaltung der Schweizer Banknoten. Christian Haas (Zürich) erzählte über seine Erfahrungen mit Pitches und der Arbeit in der Agentur Raffinierie. Am Schluss stellten zwei der drei eingeladenen Studios ihren Pitch für die  ETH-Buchreihe Architektonisches Wissen vor und diskutierten anschliessend gemeinsam mit einer Vertretung aus der Jury darüber. Ivan Weiss vertrat Johnson/Kingston (Bern), Nayla Baumgartner vertrat Data-Orbit (St. Gallen) und Vinzenz Meyner vertrat den gta Verlag (Zürich).

Ein herzliches Dankeschön geht an die Gastgeber:innen, alle Teilnehmer:innen und natürlich auch an unser Publikum, die diesen Tag zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht haben und uns mit ihren Beiträgen und Fragen inspiriert haben. Wir sind dankbar für die Möglichkeit, gemeinsam neue Perspektiven zu entdecken.

Workshops

Die diesjährigen Workshops an der Fachklasse Grafik Luzern, die in der Viscosisstadt stattfanden, boten eine Vielzahl an Angeboten zur Auswahl. Diese Workshops ermöglichten den Teilnehmenden, mit angesehenen Gestalter:innen zusammenzuarbeiten und neue Designtechniken zu erlernen. In diesem Jahr waren die neun Workshops in zwei Kategorien unterteilt: Die Work like-Workshops vermittelten den Teilnehmenden einen Tag lang, wie man in der Rolle der leitenden Person gestaltet. Diese Workshops wurden von Balmer Hählen, Martyna Wedzika und Kleon geleitet. Die sechs Skill-Workshops wurden von Syndicom (Start in die Selbständigkeit), Hanna Züllig (Creative Coding), Josh Schaub (After Effects Basics), Ted Davis (Generative AR-Poster), Céline Odermatt (Variable Fonts) und Paulina Zybinska (VJ Touch Designer) geleitet. Diese Workshops boten die Möglichkeit, sich einen Nachmittag lang mit einem neuen Thema zu beschäftigen.

Kieler Woche Plakate

Die Kieler Woche ist nicht nur Europas grösste Segelregatta, sondern auch ein riesiges Stadtfest, das Menschen aus ganz Deutschland anlockt. Im Laufe der Jahre hat sich diese jährliche Veranstaltung zu einem angesehenen Designwettbewerb entwickelt: Seit 1959 werden jedes Jahr fünf auserwählte Gestalter:innen oder Designbüros eingeladen, im Rahmen eines Pitches das Plakat für die folgende Veranstaltung zu gestalten. Dabei erhalten sie nicht nur ein schriftliches Briefing, sondern werden auch für ein Wochenende zur Kieler Woche eingeladen, um alles vor Ort und aus erster Hand zu erleben. Das Thema des Plakats bleibt über die Jahre hinweg unverändert, und so bieten die Entwürfe der letzten sechzig Jahre einen einzigartigen Einblick in die Entwicklung der europäischen Grafik. In unserer Ausstellung präsentierten wir erstmals nicht nur alle Siegerentwürfe, sondern auch eine breite Auswahl an Entwürfen der teilnehmenden Teams. So wurden 400 Plakate in der Kunsthalle ausgestellt. Die Liste der Gewinner und Teilnehmer liest sich wie ein Whoʼs Who des Grafikdesigns. ­Prominente Namen wie Anton Stankowski, Ruedi Baur, Wim Crouwel, Cyan, Alan Fletcher, Josef Müller-Brockmann und Rosmarie Tissi sind ­darunter zu finden. 2x Goldstein (Karlsruhe) führte uns in die von Josh Schaub kuratierte Ausstellung mit ihrem Wissen ein und eröffnete die Ausstellung.

The Neubad Plakat

Das Luzerner Kultur- und Atelierhaus Neubad feierte im Jahr 2023 sein zehnjähriges Bestehen. Während dieser gesamten Dekade hat sich eine eindrucksvolle Sammlung von schwarz-weissen Plakaten angesammelt, die in vielerlei Hinsicht die Vielfalt und den unverwechselbaren Charakter des Neubads sowie der Schwarz-Weiss-Plakatkunst widerspiegeln. Die Besuchenden durften in der Neubad Plakate Ausstellung das Elephanthouse in voller Pracht betreten, zugekleistert mit 120 Neubad Plakaten. Dabei bewunderte man die eindrucksvollen Schwarz-Weiss-Plakate, die in den letzten zehn Jahren von über 100 internationalen Künstler:innen für das Luzerner Kulturhaus Neubad geschaffen wurden.

Lost Pitches

Die Ausstellung Lost Pitches unterstrich den Wert des Wettkampfes und steht für die Enttabuisierung des Scheiterns. Die Ausstellung Lost Pitches zeigte eine alternative Welt mit Arbeiten, die nie an die Öffentlichkeit gelangten und lädt dazu ein, einen Blick auf Designentwürfe von renommierten Studios zu werfen. In der Kreativindustrie sind verlorene Pitches eine Erfahrung, die nahezu alle Unternehmer:innen, Designer:innen oder Künstler:innen irgendwann durchleben. Während das Gewinnen eines Pitches zweifellos ein erhebendes Gefühl der Wertschätzung und des Erfolgs vermittelt, sollten verlorene Pitches keineswegs als Misserfolg betrachtet werden. In genau die Arbeiten, die es auf der Rangleiter nicht bis ganz nach oben geschafft haben, werden Einblicke gebührt. Mit der Anerkennung, die sie verdienen, laden sie zu einem Austausch von vielen interessanten Meinungen und Diskussionen ein.

Newcomer Award 2023

Das Weltformat Graphic Design Festival zeigte auch in diesem Jahr interessante und überraschende Entwürfe junger Nachwuchsgestalter:innen und bot damit eine Plattform, um ihre Kreativität und ihr Talent zu präsentieren. Es galt, das Thema «Look at Me» auf Plakaten auf der Strasse optimal zu präsentieren. Inmitten des intensiven Wettbewerbs müssen Plakate um die Aufmerksamkeit des Betrachters buhlen. Jedes einzelne Plakat strebt danach, mit einer herausragenden Idee oder einem auffälligen Motiv aus der Vielzahl der Masse hervorzustechen. Die besten zwanzig Projekte wurden in einer F4-Ausstellung vor der Luzerner Kantonalbank präsentiert.

Während der Preisverleihung am Eröffnungsabend des Festivals, wurde das Plakat von Zoë Boudreau (Toronto) als Gewinner des Jurypreises gekürt. Das Siegerplakat wurde nach der Ausstellung an 500 Standorten schweizweit, im Rahmen eines von APG|SGA ermöglichten Aushangs im Wert von CHF 30.000, einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Der Publikumspreis, der aus den zwanzig nominierten Plakaten im Rahmen eines Online-Votings der Favorit ausgewählt wurde, ging an Eliot Elsaesser (Bern). Er erhielt einen von Grilli Type zur Verfügung gestellten Gutschein über CHF 500.  

Grafikbazar

Der diesjährige Grafikbazar mit 19 Gestalter:innen durfte erneut im Neubad stattfinden. Er bietet Gestalter:innen die Möglichkeit, ihre Druckerzeugnisse zu präsentieren und direkt zu verkaufen. Die Teilnehmerliste des Grafikbazars war beeindruckend und umfasste renommierte Gestalter:innen wie Dafi Kühne, Erich Brechbühl, ECAL, HKB, Collectif Aristide, Kollektiv Sammelsurium, SAFU und Amadeus Waltenspühl. Der Bazar bot Besucher:innen eine grossartige Gelegenheit, die Werke dieser talentierten Künstler:innen kennenzulernen und ihre Favoriten zu erwerben, um sie in Erinnerung zu behalten.

Abschlussparty

Zum Festivalschluss feierte Weltformat seine berüchtigte Party! Diese erwies sich nicht nur als Anziehungspunkt für kreative Köpfe der Designwelt, sondern vor allem als ungebremste, für alle zugängliche Veranstaltung mit Top-DJs der elektronischen Szene. Die Nacht verwandelte sich dank der einzigartigen Atmosphäre, kreiert durch die Visuals von Paulina Zybinska und den Klanglandschaften von Vera Amberg, Daughter in law, Scheppērt und Beaurice, in einen Tag voller pulsierender Energie und Kreativität.

Festivalmagazin

Das diesjährige Weltformat Graphic Design Festival wurde nach einer längeren Pause endlich wieder von einem fundierten Magazin begleitet. Unser Team für das Magazin sammelte Inhalte und führte Interviews mit Persönlichkeiten wie Beni Bischof und Cristian Andersen, die über die notwendigen Voraussetzungen für kreatives Arbeiten sprachen, sowie mit Rechtsanwalt Bernard Volker, der die rechtlichen Grundlagen in Pitchsituationen erläuterte. Das Magazin erstreckt sich über 62 Seiten und bietet Inhalte sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch.

Weltformat Merch

Erstmals bot das Weltformat Graphic Design Festival sogar Merchandising an. Neben Büchern wie dem Neubad Plakate Buch und den 100 besten Plakaten 22 präsentierten sich in der Kornschütte die ansprechend gestalteten Socken, Caps, Schals und Taschen. Alle diese Artikel sind derzeit auch im Weltformat Shop erhältlich.

Fotos

Michael Schmid